Die natürliche Wahl
Es dürfte schwer sein, eine Substanz zu nennen, die
Lanolin in seiner Wirksamkeit bei der Behandlung und
Verhütung trockener und rauher Haut übertreffen könnte.
Es ist zudem ein vollkommen natürliches Produkt, das in
den Hauttalgdrüsen des Schafes gebildet wird und es
vor schädlichen Folgen schlechten Wetters schützt.
Denn Lanolin bildet einen wachsartigen Schutzüberzug auf
der Wollfaser, der die Wolle wasserabstoßend macht und
so gegen Witterungseinflüsse abschirmt. In gleicher
Weise schützt und verbessert Lanolin die Struktur von Haut
und Haar, indem es seine natürliche Aufgabe erfüllt.
Diese natürlich wirksame und immer wieder neu
gebildete Substanz wird nach der Schur bei der Wollwäsche,
die vor dem Kämmen und Spinnen erfolgt, aus dem
Waschwasser abzentrifugiert. So wird Lanolin nicht nur
ohne Gewalt an den Schafen gewonnen, sondern seine
Gewinnung und Nutzung hilft auch ein Problem zu
beseitigen, das aus dem Verbleib des Materials in der
Woll-waschflüssigkeit für die Umwelt entstehen könnte.
Die Bezeichnung Lanolin ist nur etwa 100 Jahre alt,
aber das Material selbst ist schon in der Antike bekannt
gewesen. Ein Grieche hat es damals mit dem Namen
Oesypus" bezeichnet und auch beschrieben, wie es aus der
Schafwolle gewonnen werden kann. Über die Jahrhunderte
hinweg wurde die Wirksamkeit dieses Mittels gerühmt
und es fand in der gesamten zivilisierten Welt Verwendung.
Heute ist Lanolin in die meisten internationalen
Pharmakopöen aufgenommen und wird in großem Umfang in
der Pharmazie und Kosmetik, bzw. in der human- und
tiermedizinischen Industrie eingesetzt. Die breite
Verwendung von Lanolin ist im wesentlichen seinen
hervorragenden weichmachenden Eigenschaften zu verdanken, die es
in der gesamten Palette von Hautpflegemitteln zu
Wirkung bringt. Bis vor kurzem ist diese Wirkung tendenziell
als nur subjektive Empfindung eingeschätzt worden.
Neuere Forschungsarbeiten haben
die weichmachende Wirkung, die das Lanolin auf
menschliche Haut hat, exakt nachgewiesen und gemessen
und es wurde auch damit begonnen, den
zugrundeliegenden Wirkmechanismus zu erforschen.
Die Forschungsarbeiten haben ergeben, daß Lanolin und seine Derivate tatsächlich die
außergewöhnlich weichmachenden Wirkungen entfalten,
die man immer vermutet hat.
Nach der Behandlung mit Lanolin sieht man eine
ausgeprägt weichmachende Wirkung. Die Riefen und
Risse werden infolge der natürlichen, befeuchtenden
Eigenschaften des Lanolins weiter und flacher. Lanolin selbst
erzielt eine fast 40 %ige Verminderung der
Hautrauhigkeit in nur 1 Stunde. Die Derivate bewirken solche von
25-50%. Vergleicht man diese beeindruckenden
Resultate mit denen einiger anderer bekannter Emolliens,
wie z.B. Vaseline und einem Isopropylmyristat/ -palmitat -Estergemisch, zeigt sich die deutliche
Überlegenheit des Lanolins und seiner Derivate.
Messung des Hautoberflächenprofils haben diese
Wirkungen bestätigt. Das Hautprofil ist nach der
Behandlung mit Lanolin sichtbar sehr viel weicher
als vor der Behandlung.
Genaue
Berechnungen der Rauhigkeit der Hautoberfläche können anhand
der genauen Vermessung der Furchen, bzw. der Tiefe
der Risse und Riefen in der Haut gemacht werden.
Interzelluläre Lipide spielen bekanntlich eine
große Rolle für die Fähigkeit des menschlichen
Stratum Corneum, Feuchtigkeit zu speichern. Lanolin ist
ein natürlich vorkommendes Lipid mit polaren,
oberflächenaktiven Eigenschaften und es enthält außerdem
einen hohen Anteil an Cholesterin und an größtenteils
veresterten Fettsäuren. Die Ähnlichkeit von Lanolin
mit einigen Bestandteilen der interzellulären Lipide
läßt vermuten, daß Lanolin-Moleküle sich sehr leicht in
die Zwischenschichten der Lipidstrukturen einfügen.
Die Untersuchungen haben Lanolin nicht nur als
ein Material bestätigt, das von der Haut schnell und
gut absorbiert wird, sondern die Messungen der
Veränderung des Hautoberflächenprofils ergaben auch,
daß Lanolin sowohl einen Schutzfilm auf der Haut
bildet und die Unebenheiten glättet, als auch zu einem
meßbaren Teil in das Stratum Corneum eindringt. Ein
weiteres wichtiges Ergebnis ist, daß Lanolin nicht
über das Stratum Corneum hinaus dringt. Dies waren
die ersten Ergebnisse einer breiter angelegten
Untersuchung der Wirkungsweise des Lanolins auf die
Haut, die sich mit dem Eindringen in das Stratum
Corneum befaßte, ohne in dieser Untersuchungsphase
bereits die Einlagerung der Wirkstoffe des Lanolins in
den äußeren Hautschichten zu analysieren.
Untersuchung:
Es wurden 2 mg Lanolin auf eine
Hautfläche von 2 cm2 auf der Innenseite des
Unterarms aufgetragen (in vivo). Die behandelten Hautpartien
des Stratum Corneum wurden dann in Schichten
wieder entfernt, indem nacheinander 30 Klebebandstreifen
auf die Haut geklebt und wieder abgezogen wurden. Der Lanolingehalt
der Streifen wurden spectrophotometrisch mit Hilfe der
Liebermann-Burchard-Reaktion für Sterole quantitativ
mit einer Meßgenauigkeit von +/- 50 mg Lanolin
ermittelt. Der Anteil der dabei miterfaßten Hautsteroide
wurde durch einen entsprechenden Test ohne
Substanzauftrag berücksichtigt.
Ergebnis:
Der Gesamtgehalt an Lanolin, der gemessen
wurde, schwankte zwischen 98,8 und 103,1%, wobei das
meiste bereits mit den ersten 12 Streifen
wiedergefunden wurde, aber auch in den tiefsten Schichten bis
zum Stratum Lucidium waren noch Spuren von Lanolin.
Grafisch dargestellt ergab das Pofil des
Lanolingehalts über das Stratum Corneum eine Kurve, die mit der
in einer Pilotstudie gefundenen fast übereinstimmte.
Ähnlichkeit besteht aber auch mit einer Kurve, die von
anderen Forschern veröffentlicht wurde, die in
gleicher Weise den Corneocyten-Gehalt im Stratum
Corneum ermittelten.
Ein relevanter Transport von Lanolin durch das
Stratum Corneum hindurch in tiefere Hautschichten scheint
nicht stattzufinden.
Mechanismen der feuchtigkeitsspendenden
Eigenschaft
Emollients sind allgemein als Produkte bekannt,
die halbdurchlässige Filme auf der Haut bilden, die
den transepidermalen Wasserverluste reduzieren, und
so der Haut erlauben, mehr Wasser und damit
Feuchtigkeit zu speichern. Bei den Messungen der
Hautrauhigkeit war erwartet worden, daß sich Vaseline mit
ihren occlusiveren Eigenschaften gegenüber Lanolin als
das bessere Emollients erweisen würde, aber im
Ergebnis zeigte sich, daß das Gegenteil der Fall war.
Lanolin ist eine von Vaseline sehr unterschiedliche
Substanz. Eine seiner interessantesten und
erwähnenswertesten Eigenschaften ist, daß es spontan mit
Wasser feinverteilte W/O Emulsionen bildet. Die
aufgenommenen Wassertröpfchen können sich durch Migration
durch die äußere, lipohile Phase der Emulsion und durch
anschließende Verdunstung an der Oberfläche
vermindern. Dieser Effekt kann einfach demonstriert
werden, indem man eine dünne Schicht Lanolin auf eine
Glasplatte aufträgt und diese in ein geschlossenes
Behältnis mit Wasser eintaucht. Das Lanolin wird sehr
schnell undurchsichtig, da es beginnt, Wasser zu
absorbieren. Vaseline bleibt dagegen unverändert.
Nach einer gewissen Zeit hat das Lanolin bis zu
25% seines eigenen Gewichts an Wasser aufgenommen ohne jegliche mechanische Einwirkung. Wenn man
nun den Film wieder aus dem Wasser nimmt und offen
liegen läßt, beginnt das Lanolin auszutrocknen,
indem es das Wasser wieder an die Atmosphäre abgibt.
Lanolin erlaubt dank dieser Fähigkeit den
Wassertransport nach beiden Richtungen. Ist es möglich, daß sich
Lanolin im Stratum Corneum ebenso verhält und so
als Feuchtigkeitsspeicher für die Haut wirkt?
Um diese Annahme der Funktion des Lanolins als Feuchtigkeitsspeicher zu überprüfen, wurden in vivo
und in vitro Verfahren zur Untersuchung von
Gefrierbruchmustern entwickelt, nach welchen die Muster
elektronenmikroskopisch genau untersucht wurden.
Bei der Untersuchung
wurden 50 mg Lanolin einer freiwilligen
Testperson auf der Innenseite des Unterarms aufgetragen.
Nach 5 Minuten wurde das Lanolin vorsichtig entfernt und
auf transepidermale Wasseraufnahme nach
Gefrierbruch elektronenmikroskopisch untersucht. Der Vergleich mit dem ursprünglichen Lanolin zeigt, daß
das Lanolin, das von der Hautoberfläche abgenommen
wurde, Wassertröpfchen mit einem Durchmesser
zwischen 0,5 und 3 mm enthält
Zusammenfassend kann man die folgenden
Ergebnisse auflisten:
1. Lanolin dringt durch das Stratum Corneum bis
zum angrenzenden Stratum Granulosum
2. Das meiste von der Haut absorbierte Lanolin
lagert sich in den interzellulären Räumen ein.
3. Lanolin verbindet sich spontan mit Wasser zu
einer excellenten W/O- Emulsion.
4. In den interzellulären Räumen angelagertes
Lanolin emulgiert dort lagerndes Wasser ebenfalls zu einer
solchen Emulsion.
5. Dieses Wasserreservoir in der Haut bewirkt eine
Verminderung der Hautrauigkeit von 40 % innerhalb von
1 Stunde nach der Anwendung
Literatur:
1. E.W. Clark, A Brief History of Lanolin",
Pharm. Historian, 10, 5-6 (1980)
2. E.W. Clark, New Concepts of Lanolin",
Vorgetragen auf dem Kongreß anläßlich der In-Cosmetics, NEC
Birmingham, März 1980
3. E.W. Clark,"Short-term penetration of lanolin into
human stratum corneum", J. Soc. Cosmet. Chem., 43,
219-227 (Juli/August 1992)
4. E.W. Clark, Investigations into biomechanisms of
the moisturizing function of lanolin",
J.Soc.Cosmet.Chem., 44, 181-195, (Juli/August 1993)
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