In den medicinischen Schriften des Alterthums,
bei Celsus, Galen, Soranus, Oribasius, Alexander von Tralles und Paulus Aegineta kommen verschiedene als
Tetrapharmacon bezeichnete, meist auch mit dem Zusatze "basilicum" geschmückte Viermittelpflaster vor.
Scribonius Largus hat ein T e t r a p h a r m a c o n A r i s t i c h i r u r g i. Keiner dieser Pflaster enthält Oesypum.
Dagegen findet sich im Mittelalter bei Mesüe jun. ein oesypumhaltiges Tetrapharmacon unter der
Bezeichnung I s o p i c e r a t u m d e sc r i p t i o n e D e m o c r i t i, aus gelbem Wachs, Terpenthin, 0leum
Iridis coctum und Oesypum bestehend. Der Autor dieses ist übrigens bestimmt nicht der um 460 vor Chr.
in Abdera verstorbene lachende Philosoph Democritus, sondern der im 1. Jahrh. n. Chr.lebende, von Galen oft
citirte Dichterarzt D a m o c r a t e s, von Plinius S e r v i l i u s D e m o c r a t e s genannt, der in einem Gedichte
über die Bereitung der als Acopa benannten Einreibungen des Oesypum mit dem Trimeter gedenkt :
Ths Attahs pempousi touton oisupon.
Das gleiche C e r a t u m v e l emplastrum diatessaron hat auch J oh a n n e s A n g l i c u s in der Rosa Anglica
(Augsburg, 1595. p. 665)
Von Galen wird auch eine grössere Menge oesypumhaltiger Acopa angeführt, z. B. ein
A k c o p o n b a r b a r i c u m, A. f o e t i d u m, A. Quadrati (griech. Text); er theilt ausserdem das auf die
Acopa bezügliche Stück des Lehrgedichts von Damocrates mit, aber das Viermittelpflaster dieses
Autors habe ich bei Galen nicht aufgefunden. Im Mittelalter vindicirt man Galen vielfach ein ihm
eigenthümliches "Isopcerat," ohne dass für ein solches eine Formel in den uns erhaltenen
Galenischen Schriften angetroffen wird. Allerdings findet sich eine schon oben angeführte Stelle, worin
Galen von einem Ceratum Oesypi (griech. Text) redet, das er für ein jedermann bekanntes und
ausserordentlich viel bei Entzündungen im Hypochondrium gebrauchtes Mittel erklärt:
kai toinun h autou (d. i. oisupou) khrwth tvn apasi gignwskomenown farmakwn, kai crvntai te pampolla kata tvn en upocondriw flegmonvn tauth.
Aber weder an dieser Stelle (ed. Kühn. X. 768) noch auch an anderen
steht eine Bereitungsvorschrift, und auch bei späteren griechischen und römischen Tutoren
haben wir Aufklärung nicht gefunden. Nur S o r a n u s (p. 215 der Ermerinsīschen Ausgabe) hat ein
oisupou khratoeides, was wohl mit Oesypi ceratum identisch ist, und einen davon vielleicht nur in der Consitstenz
abweichenden pessos di oisupou. Das mittelalterliche Isopi Ceratum descriptione Galeni bei Mesuë
enthält ausser dem an Menge die übrigen Bestandtheile überragenden Wollfett, Wachs,
0leum irinum und Oleum Chamomillae infusum, Harz , Terpenthin, Crocus und Spica nardi: von Interesse wird es
dadurch, dass Adolph Occo III es in die Augsburger Pharmakopoe aufnahm und es sich durch die Ausgaben des
17. Jahrhunderts glücklich hindurchgeschmuggelt hat, obschon es vermutlich nur auf dem Papiere stand,
da sich nach der Bereitungsweise ein ordentliches Cerat kaum herstellen liess, wenn das Praeparat nicht mehr
oder weniger anbrannte. Schon vor 1560 war übrigens, wie aus dem Luminare majus ersichtlich, dies Cerat
obsolet und durch ein anderes Oesypumcerat ersetzt, das Cerat des Philagrius, das wir weiter unten betrachten
müssen. Ein einfaches Oesypumcerat aus dem Mittelalter findet sich in der Rosa Anglica (ed. 1595.
pag. 879). Ein fast ganz dem Mesuë'schen Ceratum Isopi Galeni entsprechendes hat de Vigo; er empfiehlt
es "ad duritias et nodationes membrorum et duritias hepatis et splenis et dolores eorum doloresque matricum et
ad duritias junctuarum et nervorum cum mollificatione ossium." Ein von Galen aus der Schrift des H e r a s
peri tvn farmakwn sunJesews mitgetheiltes Pflasterrecept mit Oesypum, dass vielfach mit kleinen Veränderungen,
aber stets unter Beibehaltung des Wollfetts in spätere Schriftsteller (Oribasius, Aëtius, Paulus von
Aegina) überging, betrifft das E m p l a s t r u m m a c e d o n i c u m A z a n i t a e, bei Paulus A c o p o n
A z a n i t a e genannt. Wir heben es hervor, weil es im Wesentlichen gegen alle krankhaften Zustände
gebraucht wird, bei denen man auf die Heilwirkung des Oesypum vertraute und weil dieselbe, nur in der Menge
der festen und halbflüssigen Fette wechselnde Vorschrift bald als Pflaster, bald als Salbe, bald als
Einreibung benutzt wurde. Es heilte bösartige Geschwüre, Gragrän, Fisteln, frische Wunden,
Verbrennungen und Erfrierungen als Malagma, diente bei Uteringeschwüren als Pessus und bei Muskel
und Sehnenleiden als Acopum.
Vielfältigkeit der Verwendungsweise kommt auch dem wichtigsten Oesypumpräparate, das nicht
unerheblich jünger als die Galenischen ist, aber auch dafür länger als diese gedauert hat, zu.
Es ist dies das bereits genannte, dem P h i l a g r i u s, einem Arzte des 4. Jahrhunderts n. Chr.(nicht vor Christus,
wie das Biogr. Lexicon sagt) zugeschriebene Cerat, das Mesuë jun. mit geringen Abänderungen dem
bei Paulus von Aegina mitgetheilten M a l a g m a P h i l a g r i a n u m entnommen hat, während beiläufig
bemerkt ein von Mesuë als I s o p i c e t a t u m P a u l i benanntes Cerat unter den Vorschriften des Paulus
Aegineta nicht aufgefunden werden kann. Schon vor Mesuë haben arabische Schriftsteller das Pflaster
warm empfohlen. A v i c e n n a (Lib. 1. Sum. 1.Tract. 11) rühmt das Emplastrum Philagrii bei Magen- und Leberschmerzen, bei Abscessen,
ausserdem auf Wolle gestrichen als Pessus bei Schmerzen der Gebärmutter. Die nämliche
Verwendung hat das "Dhimad Philagrii" bei Serapion. Das aus diversen Harzen und Balsamen (Bdellium,
Ammoniacum, Styrax, Terpenthin) und Fetten (Cera, Adeps anseris, Hedufla crurum vaccinorum), mit ü
berwiegenden Mengen Oesypum componirte, mit 0leum nardinum parfümirte und mit Crocus gefärbte
Pflaster des Mensuë entspricht wesentlich den Pflastermischungen 175 und 176 bei Nicolaus Myrepsus, die aber einfach als Oesy-
pumpflaster bezeichnet werden. Ceratum Philagrii war im 15. und 16. Jahrhundert ein sehr beliebtes Pflaster.
Das Luminare majus sagt davon : "Hoc laudant magis nostri doctores". Die späteren Intepreten des
Mensuë, S y l v i u s, M a n a r d u s, C o s t a e u s, stellen das Pflaster sämmtlich über das
einfache Wollfettcerat, an dessen Stelle es auch B r a s s a v o l u s und C r o n e n b u r g empfahlen. Occo nahm
es als Ceratum Oesypi Philagrii in die Augsburger Pharmakopoe auf. Manardus sowohl als Sylvius erklären
es für besonders wirksam bei syphilitischen Verhärtungen, wobei sie unter Umständen Zusatz
von Cinnabaris anrathen.
Ausser diesen Ceraten, deren eigentliche Basis das Oesypum ist, gibt es bei den Autoren des Alterthums noch eine Menge von oesypumhaltigen Formeln, in denen das Oesypum der Menge nach nicht über die sonstigen
Fette prävalirt. Die meisten solcher Formeln liefern Muscio, Aëitius, Paulus Aegineta und
Myrepsus. Muscio hat ausschliesslich zur Einführung auf Wolle in die Geschlechtstheile bestimmte
Mischungen, in denen entweder Hyssopus oder Succus Hyssopi (möglicherweise Saft des Isops) eingehen,
im Ganzen 9 unter 60 Pessi, darunter einen Pessus ad conceptionem A n e t h o n i s philosophi und verschiedene
anonyme Pessi zur Empfängniss. Aëtius hat u. a. ein oesypumhaltiges Acopum martiatum, ein
Unguentum A s c l e p i a d i s und ein Emplastrum fulvum P i s c a t o r i s ; Paulus von Aegina ein
Schweinespeckpflaster (Emplastrum e perna) mit Wollfett und ein Pflaster P h y c o t i c h e, das zur
Vertreibung von Schmerzen am Anus bestimmt ist. Bei Nicolaus Myrepsus treffen wir von oesypumhaltigen
Arzneiformen ein Unguentum acopum e castore ad trementes, ein Unguentum Sti. Barbari, ein Unguentum
acopon Heracles dictum, ein Unguentum acopum A r t e m i d o r i Pergaei, ein Emplastrum ad lienem jecureque
induratum, ein EmPlastrum ex oesypo ad omnem duritiem probatum und ein Hedricum d.i. Suppositorium
liparum u.a. m.
Indem ich von der speciellen Betrachtung dieser absehe, will ich nur noch einige Worte über ein Pflaster
sagen, das ursprünglich nicht oesypumhaltig war, aber im Mittelalter zu einem Oesypumpraeparate von
Bedeutung wurde, als solches lange in hohen Ehren stand und bis zu dem gänzlichen Verschwinden des
Oesypum aus den Pharmakopöen in diesen verblieben ist. Es ist dies das D i a c h y l o n m a g n u m des
Mesuë, in den mittelalterlichen Uebersetzungen arabischer Schriftsteller gewöhnlich D i a q u i l o n,
seltener D i a c u l o n geschrieben. Es ist hinreichend bekannt, dass die Bezeichnung Diachylon dem griechischen
dia culvn entspricht und Bleiglättepflaster bedeutete bei dessen Bereitung wässrige Auszüge
von Pflanzen zugesetzt werden. Der Erfinder dieser combinirten Pflastermassen ist, wie Galen (ed. Kühn.
XIII. 886) ausführlich berichtet, M e n e k r a t e s (vgl. S p r e n g e l, Gesch. der Arzneikunde. 2. Aufl..
Bd. II. S. 66), der sie in einer dem Kaiser Tiberius gewidmeten Schrift Autokatwr ologammatos axiologwn farmakwn
(d. h. in einer Schrift, in der die Dosen der Mittel nicht mit Ziffern, sondern ausgeschrieben mit Worten
angegeben waren) zuerst beschrieb. Solche Emplastra dia culvn (in lateinischer Uebersetzung e succis), zu
deren Herstellung ausser Althaea noch Linum und Fenugraecum genutzt wurden, finden sich bei Scribonius
Largus, Galen, Oribasius, Aëtius, Alexander von Tralles, Paulus Aegineta und Nicolaus Myrepsos,
enthalten aber sämmtlich kein Oesypum. Auch fehlt dies ganz den Diachylonmischungen früherer
arabischer Schriftsteller, wie Avicenna, Ali ben Abbas, Serapion und Rhazes. Manche dieser Mischungen haben
übrigens, beiläufig bemerkt, Salbenconsistenz, so dass das jetzt viel benutzte U n g u e n t u m
D i a c h y l o n H e b r a keine neue Erfindung ist, sondern schon im Alterthume gebraucht wurde. Der Zusatz
von Oesypum ist das Werk von Mesuë jun., der übrigens ausserdem noch einen Stoff hinzufügte,
der den Pharmakologen und Apothekern des 15. und 16. Jahrhunderts viel Kopfzerbrechens gemacht hat.
Mesuë hatte nicht genug an dem Schleime von Leinsamen und Fenugraecum, er ersetzte den bei ihm
fehlenden Eibischschleim durch Schleim von Feigen und Rosinen, Saft von Iris und Scilla, und endlich durch
"G l u t e n A l z a n a c h." Das ist die Droge, über welche Seine Interpreten nicht einig werden konnten.
Manche erklären Alzanach für Althaea, weil diese in der Vorschrift von Mensuë fehlt,
Andere für Viscum (Vogelleim), noch, Andere für den Schleim, den die Schnecken absondern
(vgl. M e l i c h, De recta medicamentorum parandorum ratione ed. Keller.Witeb. 1586. p. 338), die meisten
erklären Alzanach für den Namen eines Fisches und deuten es als Ichtyocolla. Solange wir
keinen arabischen Mensuë kennen und nicht wissen, wie das Wort
geschrieben wird, weil das Arabische für z verschiedene Buchstaben hat, ist das Räthsel nicht zu
lösen, möglicherweise handelt es sich nur um eine Apposition mit dem Artikel al tsanâjâ
d. h. gut, sehr tauglich. Die Mensuë`schen Vorschrift ging in das Antidotarium des Nicolaus I raepositus und auch mit einigen Abänderungen, jedoch mit Oesy-
pum, in das des bekannten Chirurgen Johannes de Vigo, später auch in das Ricettario di Firenze (als
Diaquilon maggiore) und andere italienische Arzneibücher, in Deutschland in das Dispensatorium des
Valerius Cordus und in Occo's Pharmacopoea Augustana über. Occo bemerkt, es führe seinen Namen
"Magnum", weil es mehr als die gewöhlichen Diachylonpflaster bei Entzündungen und Verhärtungen
schmerzstillend, erweichend und zertheilend wirke und erkennt dabei der von de Vigo modificirten Formel den
Preis zu. Im 17. Jahrhundert wurde das Oesypum in dem Pflaster verschiedener Pharmacopöen fortgelassen,
z. B. schon 1615 im Antidotarium Bononiense. Am längsten hat es sich in Spanien erhalten; sein Namen
fungirt als Nebenbezeichnung des oben erwähnten Emplastrum oxydi plumbi mucilaginosum der
Pharmacopoea Hispana von 1817, des letzten aller Oesypumpraeparate, neben dem übrigens noch
ein mit Zusatz von Bdellium, Ammoniacum, Galbanum und Sagapenum und mit in Wein gelösten Gummi
aus jenem bereitetes E m p l a s t r u m o x y d i p l u m b i g u m m a t u m (Diachylon gummatum) als officinell
aufgeführt ist. Mit der Beseitigung dieser beiden Pflaster hatte auch das letzte Stündlein für
den Vorläufer des Lanolins geschlagen.
ERGEBNISSE
Werfen wir noch einmal einen Blick auf die aus unseren Untersuchungen hervorgehenden Resultate, so sehen wir,
dass die cosmetische und medicinische Verwendung eines Produkts aus der Schweisigen, nicht entfetteten Wolle
der Schafe zur Zeit des Kaisers Augustus (Ovid, Celsus)allgemein üblich und so verbreitet war, dass es
einen nicht unbedeutenden Handelsartikel bildete. Die Angaben über die Extistenz und den medicinischen
Gebrauch dieses Produkts bei den Hellenen schon viel früher (450-400 v. Chr.) sind unsicher, da die
vermeintlich dafür sprechenden Stellen grieischer Schriftsteller (Herodot, Hippocrates, Aristophanes)
sich auf Schweisswolle (eria oisuphra), nicht aber auf das Wollfett beziehen, neben welchem die dasselbe enthaltende
Wolle in späterer Zeit viel gebraucht wurde (Galen; Aretaeus, Alexander von Tralles u. A.).
Dem medicinischen Gebrauche lag in keiner Weise der Gedanke zu Grunde, der als der eigentliche
Erfindungsgedanke bei der Herstellung des jenem Produkte des Alterthums analogen Lanolins durch
L i e b r e i c h bezeichnet werden muss, die Gewinnung eines Materials zur Bereitung weisser Salben mittelst
Emulsionirung gereinigte Wollfetts mit Wasser. Die Thatsache, dass das bei den verschiedenen von
D i o s k o r i d e s und P l i n i u s beschhriebenen Verfahren zur Abscheidung des Wollfetts gewonnene Product
durch Verreiben mit Wasser weiss werde, war schon den Alten bekannt, wurde aber nur zur Erkennung seiner
Identität, nicht aber zu pharmakotakischen Zwecken benutzt. Die Bereitungsverfahren zur Darstellung der
verschiedenen von mir besprochenen Wollfettpraeparate von den Zeiten des Celsus an bis zum zweiten
Decennium des 19. Jahrhunderts lassen das in dem Producte an sich vielleicht vorhandene Wasser als
völlig irrelevant erscheinen, und zwar nicht allein bei den vorzugsweise gebrauchten Pflastern und Ceraten
(Enneapharmacon, Tetrapharmacon, Ceratum oesypatum Galeni und Philagrii, Diachylon magnum etc.), sondern
auch bei den weicheren Formen, namentlich den in der gynäkologischen Praxis viel verwendeten Pessi
S o r a n u s, M u s c i o 1), P a u l u s v o n A e g i n a u. s. w.) und den als Akcopa bezeichneten Einreibungen
der Alten bei Muskelanstrengungen (D a m o k r a t e s, G a l e n u. s. w.). Nicht die Rücksicht auf die der
Alten unbekannte Verwendbarkeit gänzlich gereinigten und neutralen Wollfetts zur Bereitung von Salben,
sondern der Glaube, dass das Fett der Schafwolle besondere Heilwirkungen bei bestimmten Krankheiten habe,
war für die medicinische Verwendung in alter Zeit massgebend.
Die Indicationen für die medicinische Verwendung sind zum grossen Theile nicht auf die Erkenntniss von
Wirkungen des allein angewendeten Wollproducts basirt, sondern auf die Wirkung der Arzneiformen, in denen
man dieses verwandte. Die bei der Benutzung zu den sog. Acopa hervortretenden Heilwirkungen bei
Muskelanstrengung und Rheuma waren sicher nicht specifische Effecte des Wollfetts, sondern bei der
Application des Acopon ausgeübten Friction und Massage. Bei der Einwirkung auf den Uterus kam das
Wollfett des Pessus weniger in Betracht als das Pessarium, auf welchem es eingeführt wurde. Die
merkwürdigen Wirkungen auf die Conception, die man im Mittelalter dem Wollfett beilegte, die Effecte
bei Syphilis, die man im 16. Jahrhunderte constatirt haben wollte, müssen wir dem gläubigen Gemüthe der damaligen
Aerzte zu Gute halten.
Es ist nicht zu bezweifeln, dass das Wollfett, das zur Zeit der ersten römischen Caesaren im Handel vorkam,
besonders das geschätzteste von Attika, obschon es nach den Darstellungsverfahren weder weiss noch
neutral sein konnte und wahrscheinlich nur selten ganz frei von fremden Verunreinigungen war, doch weit besser
als die im Mittelalter und in dem 16., 17. u. 18. Jahrhunderte in die Apotheken gelangenden Praeparate war, die
gegen Ende des 16. Jahrhunderts gradezu als stinkend bezeichnet wurden. In dieser Verschlechterung hat man den
hauptsächlichsten Grund des Verschwindens des Wollfettes aus dem Arzneischatze zu erblicken.
Mesuë jun. suchte durch ein von der alten Darstellung wesentlich abweichendes und diese vereinfachendes
Verfahren die Bereitung aus den Händen der Schafhirten in die der Apotheker zu verlegen, ohne damit
jedoch die Herstellung eines geeigneten Praeparates zu erreichen. Die Wiedereinführung der
Dioskoridischen Bereitungsvorschrift durch die Pharmakopoen des 16. Jahrhunderts bürdete den
Apothekern grosse Mühe und Verdriesslichkeit auf und führte schliesslich zu einem energischen
Proteste Z w e l f e r' s in der Pharmacopoea Augustana reformata gegen die Beibehaltung des Mittels in den
Arzneibüchern. Nichtsdestoweniger hat sich das Produkt, im Wesentlichen nach der esuëīschen
Vorschrift bereitet, länger gehalten als bisher allgemein angenommen worden ist, indem es noch in der
Spanischen Pharmakopoe von 1817 sich findet, und zwar wegen der darin enthaltenen, eine vereinfachte Formel
des Emplastrum diachylon magnum bildenden Vorschrift zum Emplastrum oxydi plumbi mucilaginosum. In
Frankreich führte der Codex medicamentarius das Wollfett als l'oesipi noch 1758 unter den Simplicia auf.
Will man für das als Vorläufer des Lanolins anzusehende Wollfettproduct einen Rassischen
Namen verwenden, so ist die lateinische Form O e s y p u m zu bevorzugen. Die Form O e s y p u s ist von den
Aerzten des 16. Jahrhunderts dem Griechischen oisupos nachgebildet worden. Die Form
H y s s o p u s, mit welcher das Mittel in den Officien gewöhnlich belegt wurde, wobei man, um das Wollfet von dem Kraut
Isop zu unterscheiden, dieses als "siccus" jenen als "humidus" bezeichnete, ist keine barbaro latinische, wie
gewöhnlich gesagt wird, vielmehr lässt sich nachweisen, dass sie bereits von P l i n i u s und
später von den verschiedensten griechischen und römischen Autoren gebraucht wurde. Sie stammt
nicht von den Arabern, sondern ging von den Griechen an die arabischen Autoren über.
Ende