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Fakten zur Lanolin- bzw. Wollwachsalkohol-Allergie

Auszug aus einer Übersichtsarbeit von Ian Steel

Um zu klären, wie die vielen falschen Meinungen über die Allerginität von Lanolin aufkamen, muß man zurück in das Jahr 1952 an die "Skin and Cancer Unit" des New York University Hospital, wo Prof. Marion Sulzberger über Haut-Überempfindlichkeiten forschte3,4. Unter anderem wurde die Qualität des damals zur Verfügung stehenden pharmazeutischen Lanolins untersucht: Es handelte sich praktisch um rohes Lanolin nach heutigen Standards. Bei 1048 Läppchen-Test mit Patienten seiner Klinik konnte Prof. Sulzberger bei 1036 Patienten keine Reaktion und nur bei 12 Patienten einen positiven Befund (entsprechend 1,14%) feststellen. Ein Mißverständnis entstand jedoch dadurch, daß dieses Ergebnis aus dem Zusammenhang genommen als 1,14% der gesamten gesunden amerikanischen Bevölkerung dargestellt wurde. Es ist aber wichtig zu wissen, daß diese 1,14% aus einer Gruppe von Menschen stammen, die sowieso dermatologische Probleme hatten. In keinster Weise können die Patienten von Sulzberger, die an diesem Versuch teilnahmen, als representativ für die gesamte Bevölkerung angesehen werden. Zum zweiten Mal innerhalb von 6 Jahren wurden damit die Ergebnisse eines Läppchen-Tests mit Lanolin grundlegend falsch interpretiert, nachdem ein fast gleiches Mißverständnis durch eine Veröffentlichung von Dr. F.A. Ellis5 aus Baltimore aufgetreten war.

Diese falsche Einschätzung von Lanolin als "potentiellem Allergen" war so weit verbreitet, daß, als die erste Kosmetikverordnung der Europäischen Gemeinschaft im Juli 1976 verabschiedet wurde, diese eine Vorschrift enthielt, Kosmetika mit Lanolin entsprechend kennzeichnen zu müssen. Dies wurde beschlossen, ohne Dermatologen oder andere Experten zu Rate zu ziehen. Bedauerlicherweise wurde diese Verordnung bis 1978 in die Gesetzgebung der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft mit aufgenommen. Man protestierte sofort gegenüber der EWG Kommission in Brüssel und stellte klar, daß die Auszeichnungspflicht ungerechtfertigt und überflüssig ist. Der bei einem Hearing gegen diese Regelung vorgelegte Beweis war nicht zurückzuweisen und als Konsequenz wurde die Auszeichnungsverfügung im Nachtrag der zweiten Ausgabe im Mai 1982 gestrichen. Danach wurde die Verfügung im Jahre 1984 auch aus den nationalen Gesetzgebungen der Mitgliedsländer der EWG herausgenommen. Obwohl diese Auszeichnungsverfügung nur wenige Jahre in Kraft war, brachte sie dennoch große Meinungsverschiedenheiten und unnötige Mißverständnisse über Lanolin.

Die allergische Potenz von Lanolin

"Lanolin ist kein außergewöhnliches Allergen. In einer gesunden Bevölkerung, in der Lanolin normal eingesetzt wird, ist das Auftreten von Lanolin-Allergien verschwindend gering". Gemäß dem Dermatologen Dr. Ian Foulds, der an der Hautklinik in Birmingham Tests durchführte, zeigen sich positive Läppchen-Test-Reaktionen nur an 0,5% der Patienten. Menschen, die sehr wahrscheinlich Lanolin gegenüber allergisch reagieren, sind ältere Frauen mit Blutstauungs-Ekzem und chronischen Beingeschwüren (Ulcus cruris). "Lanolin muß zu den wenigst allergenen Stoffen der klinischen Medizin gerechnet werden".

E. Clark10 konnte in Zusammenarbeit mit Hautkliniken in England und Nordeuropa nachweisen, daß die Allergierate des Lanolins bei der allgemeinen Bevölkerung unter 10 Personen pro einer Million liegt. Wenn man weiß, daß jährlich zehntausende von Tonnen Lanolin verarbeitet werden und mit dem geringen Auftreten vergleicht, wird dieser Befund bestätigt. E. Clark berichtet auch, daß bei Reduzierung der freien Wollwachsalkohole im Lanolin von 10% auf unter 3% die Allergierate auf fast 0 zurückging. Dies geschah sogar bei Patienten, die vorher auf normales Lanolin eine Reaktion zeigten. Nachgewiesen wurde dies in klinischen Versuchen in vier europäischen Kliniken an 149 Patienten, die vorher eine Lanolin-Allergie zeigten. In einer dieser Kliniken, der St. John´s Dermatology Clinic in London wurden keine Lanolin-Allergiker gefunden. Im Wycombe General Hospital gab es die meisten Patienten, die hier ausnahmslos aus der Beingeschwür-Abteilung kamen, bekannt für das Auftreten von Lanolin-Allergien. Das Ergebnis dieser klinischen Studien bestand in genau einem Fall unter 149 Patienten, der eine Reaktion zeigte. Dies bedeutet eine Verringerung von über 99% gegenüber der normal zu beobachtenden Allergierate in der Bevölkerung. Dies wurde auch von anderen Forschern bestätigt. Edman und Möller12 schlossen ihre Studie über die medizinische Qualität des Lanolins mit der Bemerkung ab, "daß es zumindest harmlos für die Gruppe der Lanolin-Allergiker mit Ekzemen ist".

Wenn auch normalerweise in Lanolin bis 12% freie Wollwachsalkohole enthalten sind, so wird doch selten mehr als 20% Lanolin in einer Formulierung verwandt. Somit bleibt der Wollwachsalkoholgehalt immer unter der von E. Clark gefundenen Grenze von 3% Wollwachsalkohol und eine allergische Reaktion auf ein Lanolin enthaltendes Fertigprodukt ist sehr unwahrscheinlich.

Literaturverzeichnis

1. Marks,R., Emollients: Value and evaluation in skin care. Vortrag bei einem Kurs der Dermato-Cosmetic Sciences. Vrije Universiteit Brussels, 7.-10. September 1992.
2. Klingman,A.M., Lanolin allergy: crisis or comedy. Contact Dermatitis, 1983, 9, 99-107.
3. Sulzberger,M.B. & Lazar, M.P., A study of the allergenic constituents of lanolin (wool fat). J. Invest. Dermatol. 1950, 15, 453-458
4. Sulzberger, M.B., Warshaw, T. & Herrmann. F., Studies of hypersensitivity to lanolin. J. Invest. Dermatol., 1953, 20, 33-43.
5. Ellis, F.A., Allergic contact dermatitis due to wool fat and cholesterol. Arch. Derm. Syph., 1947, 56, 801-806.
6. Foulds, I., Me Magazin, 7 September 1994 (und private Veröffentlichung).
7. Steel, I., White, I.R., & Beck M.H., Dilemmas in lanolin sentitivity. Vortrag bei der European Society of Contact Dermatitis, Barcelona, Spanien, 6.-8. Oktober 1994.
8. Calnan, C.D., Conrad, L.I. & Cronin, E., Lanolin allergy. Vortrag bei der International Federation of Societies of Cosmetic Chemists, Barcelona, Spanien, 1970.
9. Maibach, H., Lanolin hypersensitivity. In: Proceedings of the International Symposium on Lanolin and Lanolin Derivatives. December 9 1980. College of Pharmacy, Long Island University.
10. Clark, E.W., Lanolin with reduced sensitising potential: A preliminary note. Contact Dermatitis, 1977, 3, 69-74.
11. Clark, E.W., Blondeel, A., Cronin, E., Oleffe, J.A. & Wilkinson, D.S. Lanolin of reduced sensitising potential. Contact Dermatitis, 1981, 7, 80-83.
12. Edman, B. & Moeller, H., Testing a purified lanolin preparation by a randomized procedure. Contact Dermatitis, 1989, 20, 287-290.
13. Private Veröffentlichung
14. Clark, E.W., New concepts of lanolin, Vortrag beim In-Cosmetics Seminar, NEC, Birmingham, 1990.
15. Clark, E.W. & Steel, I., Investigations into biomechanisms of the moisturizing function of lanolin. J. Soc. Cosmet. Chem., 1993 (July/August), 44, 181-195.
16. Clark, E.W. & Steel, I., Microstructure of human stratum corneum treated with lanolin. Poster bei der 52nd American Academy of Dermatology, Washington D.C., 4-9 December 1993.

Dr. Ian Steel is Mitglied der Royal Society of Chemistry, Mitglied der British und der European Societies of Contact Dermatitis, der All Party Parliamentary Group on Skin und der British Cosmetics Dermatology Group. Er ist auch ordentliches Mitglied der National Eczema Society von England.

Abstracts über Artikel, die sich vor allem mit der Frage der Häufigkeit der Lanolinallergie beschäftigen, findet man unter Summary beim National Center for Biotechnology Information.


Zur Bedeutung des positiven Epikutantests auf Lanolin
von F. Nachbar et al. [Dermatosen 41, Heft 6 (1993)] aus der Dermatologischen Klinik und Poliklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München

In diesem Artikel wird als Ergebnis zusammengefasst, dass es bis heute noch nicht gelungen sei, die Häufigkeit einer Wollwachs.- bzw. Lanolinallergie exakt zu beziffern, sowie die eigentlich allergenen Komponenten in den Wollwachszubereitungen chemisch zu definieren.

Die Verfasser haben anhand gesammelter Daten aus der einschlägigen Literatur eine Übersicht über die Häufigkeit der Wollwachsallergie in Abhängigkeit von den jeweiligen Zubereitungsformen erstellt und gezeigt, dass Wollwachs selbst nur eine schwache sensibilisierende Potenz besitzt und nur selten allergische Reaktionen auslöst und weiterhin, dass die Mehrzahl der positiven Epikutantestreaktionen gegenüber Wollwachs und seinen Zubereitungen bestimmten Verunreinigungen zuzuschreiben sein dürften. Als wichtigste Sensibilisatoren vermuten sie dabei noch unbekannte Stoffe in der Fraktion der freien Alkohole und in den Rückständen (Detergentien). Die seltene Kontaktreaktion auf Wollwachs in seinen unterschiedlichen Darreichungsformen scheint den Verfassern von der Qualität und Reinheit des verwendeten Rohstoffes abzuhängen.

Weiter wird ausgeführt, dass positive Spättyp-Reaktionen gegenüber Wollwachs bzw. Lanolin im Epikutantest sich im Durchschnitt in nahezu der Hälfte der beobachteten Fälle als nicht reproduzierbar erwiesen, so dass sie folgerten, dass ein positiver Epikutantest letztlich im Einzelfall nicht Beweis für eine klinische relevante Kontaktsensibilisierung gegenüber Wollwachskomponenten sei. Diese Erkenntnis sollte nach ihrer Meinung dazu Anlass geben, die in den letzten Jahrzehnten entstandene zunehmende Skepsis gegenüber wollwachs-haltigen Externa zu relativieren. Das Augenmerk sollte vielmehr noch stärker auf die Entwicklung gereinigter Wollwachszubereitungen gerichtet werden, um die seit Jahrhunderten bewährte Qualität dieser Naturstoffe als Salbengrundlage und Emulgator weiterhin nutzen zu können.

Besonders interessant sind die Feststellungen der Autoren über die Frage, was ein positiver Epikutantest gegenüber Wollwachs/Lanolin aussagt. Wesentliche Beurteilungsfaktoren für die Aussagekraft von Epikutantestergebnissen seien Sensivität, Spezifität, Relevanz und Reproduzierbarkeit. Bekannt sei, dass positive Reaktionen gegenüber Wollwachs/Lanolin um so eher auftreten, je höher der Anteil der Fraktion der freien Alkohole und je geringer der Grad der Reinheit sei. Größtes Problem bei der heute üblichen Testung mit 30% Wollwachsalkoholen in Vaselin/Paraffinöl sei die Differenzierung zwischen allergischen und irritativen Reaktionen (die auch in der Literatur schon beschrieben wurden). In der Literatur wird auch berichtet, dass die fälschliche Ablesung einer irritativen Reaktion als allergisch zu einer Beeinträchtigung der Spezifität führt. Ebenso die Durchführung des Epikutantests während eines floriden Ekzems oder anderer akuter Erkrankungen, wenn im Rahmen eines sogenannten "Henry Beck-Syndroms" (unspezifische Epikutantestreaktionen mit Streuungsphänomen während florider Hauterscheinung) fälschlicherweise eine kontaktallergische Reaktion diagnostiziert wird. Nach Auffassung einiger Autoren kam es dadurch gerade bei Wollwachszubereitungen nicht selten zu falsch positiven Ablesungen.


Zur Rolle und Risikobeurteilung von Lanolin
von T. Eberlein Übersichtsartikel

Der Artikel beurteilt u.a. auch das Allergierisiko von Lanolin anhand ausgewählter Literatur und vertritt die Meinung, dass "kein Zweifel an der hohen Zuverlässigkeit der Methoden der allergologischen Diagnostik, also hier insbesondere des Patch-Testes" besteht. Die oben zitierte Arbeit und damit die Problematik, dass die Zusammensetzung der Wollwachsalkohol-Test-Paches mögliche Ursache der Falschinterpretation sind, wurde nicht berücksichtigt. Wegen des höheren allergologischen Risikos bei Ulcus cruris Patienten wird empfohlen, die Verwendung lanolinhaltiger Externa kritisch zu prüfen. Dem kann zugestimmt werden, wenn diese Prüfung durch eine Testapplikation am jeweiligen Patienten geschieht und nicht auf Grund des Vorurteils von vorne herein ausgeschlossen wird. Von der erhöhten Lanolinallergenität bei Ulcus cruris Patienten auf eine allgemein erhöhte Allergierate bei Lanolin zu schließen, entbehrt dagegen jeder Grundlage. Wie viele Untersuchungen zeigen, sind bei Ulcus cruris Patienten generell deutlich höhere Allergieraten bei vielen Substanzen gegeben.
 


Link: Leitlinie "EPIKUTANTEST"
 Informationen über Allergietests (http://jucknix.de)
 Informationen über Kontaktallergie (http://jucknix.de)
 Lanolin Allergy BRITISH MEDICAL JOURNAL, 19 MAY 1973
 Allergen, Allergie/Wollfett (Datenbank: Alles zur Allergologie)


Sind Sie wahrscheinlich allergisch gegen Wollwachsalkohole? Dann würden wir uns freuen, wenn Sie sich für einen kleinen Test zur Verfügung stellen.

Wir haben große Vorbehalte gegen die derzeit eingesetzten Läppchentest, sofern sie aus einer Mischung von 25% Wollwachsalkoholen in Paraffinöl bestehen. Dabei ist es nämlich möglich, daß ein so hoher Wollwachsalkoholgehalt einfach eine Irritation bei entsprechend hautempfindlichen Personen hervorruft, die als allergische Reaktion interpretiert wird. Heute wird davon ausgegangen, daß Wollwachsalkohole überwiegend nur dann eine allergische Reaktion hervorrufen, wenn Sie auf vorgeschädigter Haut (z.B. offene Beine) angewandt werden. Entsprechende Schreiben von positiv getesteten Personen, bestätigen diese Vermutung.

Bei der Wollwachsalkohol-Allergie handelt es sich um eine sogenannte Kontakt-Allergie. Ein bekannter Vertreter, der diese Allergieform hervorruft, ist Nickel (siehe Weissbuch Allergie in Deutschland (Tabelle). Die Symptome treten meist erst 24 bis 48 oder bis zu 96 Stunden nach dem Kontakt zwischen Haut und Allergen auf (verzögerte Reaktion, Allergie vom Typ IV). Die Erscheinungsformen der Kontaktallergie sind vielfältig. In der Mehrzahl handelt es sich um Hautreaktionen, die auf den Ort des Kontaktes beschränkt bleiben. Es kann jedoch auch zu Streureaktionen an Hautstellen kommen, die nicht von der auslösenden Substanz berührt wurden. Das häufigste Symptom ist das sog. Kontaktekzem, bei dem die Haut stark verdickt ist, sich schuppt und u. U. die Hornhaut einreißt. In schweren Fällen nässen die betroffenen Stellen auch. Ekzeme sind in der Regel von starkem Juckreiz und gelegentlich auch Brennschmerz begleitet.

Wir würden Ihnen gerne eine kleine Menge Wollwachsalkoholsalbe des Deutschen Arzneibuches (eine 6%tigen Wollwachsalkokole/Vaseline Mischung, denn die wenigen Lanolin-Allergiker sind eigentlich gegen Wollwachsalkohole allergisch) sowie normales Lanolin (enthält 6-12% freie Wollwachsalkohole) übersenden. Sie müssen damit nur eine daumengroße Stelle Ihrer Haut einreiben und von Zeit zu Zeit überprüfen, ob eine Rötung eintritt.

Bitte schreiben Sie uns und fordern Allergie-Testmuster an!   (Diese erhalten Sie selbsverständlich kostenlos.)


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